8 Von der Auflösung des abendl. römischen Reichs bis zu Karl d. Gr.
selben Weise mit Grundbesitz aus, wie einst Theodorich die Ostgoten.
Die italienischen Grundbesitzer durften sich darum Glück wünschen, daß
die 20 000 Sachsen wieder abzogen, weil ihnen die Langobarden nicht
erlaubten, in Italien nach sächsischem Rechte zu leben.
Dem byzantinischen Kaiser blieben in Italien vorerst noch die Halbinsel
Jstrien, die venetischen Inseln, aus welchen bei Attilas Verwüstungszuge
sich zahlreiche Flüchtlinge niedergelassen hatten; serner das Küstenland
von Ravenna bis Ancona; Rom mit seinem Gebiete (äuoatus Ro-
mae), Neapel mit Am alsi, Gaeta und Sorrent, Apulien und
Kalabrien, endlich Ligurien (ducatus Liguriae) mit der Hauptstadt
Genua, überdies die großen und kleinen zu Italien gerechneten Inseln.
Das byzantinische Gebiet am Adriatischen Meer mit Rom hieß das Ex-
archat im weiteren Sinn, im engeren Sinn war es der Küstenstrich von
Ravenna bis Ancona; die Städte Rimini, Pesaro, Fano, Sinigaglia und
Ancona begriff man insbesonders unter dem Namen Pentapolis. Bei
einer derartigen Teilung Italiens konnten Kriege zwischen dem Kaiser
und dem König der Langobarden nicht ausbleiben.
Alboin kam durch die Rache seines Weibes Rosa munde um; sie
war die Tochter des Gepideukönigs Kunimund, der in der Schlacht von
Alboins Hand gefallen war; aus dem Schädel des Erschlagenen hatte er
sich nach altbarbarischer Sitte einen Trinkbecher bereiten lassen, und als
er einst in Verona trunken beim Mahle saß, forderte er Rosamunden
auf, „mit ihrem Vater zu trinken". Sie that es, aber mit dem Ent-
schlusse, den Tod ihres Vaters und den selbst erlittenen Hohn zu rächen.
Sie gewann zwei Krieger zur Ermordung Alboius: als er nach dem
Mahle in seinem Gemache schlief, band sie das Schwert zu Haupten
seines Lagers fest, entriegelte die Thüre und ließ die Mörder ein. Alboin
erwachte beim ersten Geräusche, und als er sein treues Schwert uicht los-
reißen konnte, ergriff er einen Fußschemel, der ihn freilich nicht lange
gegen die Waffen der Mörder schützte. Rosamunde konnte sich aber nach
der Ermordung ihres Gemahls der Herrschaft nicht bemächtigen; denn
sie mußte mit den Mördern vor dem Zorne des Volkes entfliehen und
fand mit denselben den Untergang. Sie reichte nämlich dem einen, Hel-
migis, Gift, um seiner loszuwerden; aber dieser hatte den Becher noch
nicht geleert, als er spürte, daß er Gift getrunken habe, und nun zwang
er mit gezücktem Schwerte das entsetzliche Weib, den Rest zu trinken, so
daß beide in einer Stunde starben. Der andere Mordgehilfe wurde in
Konstantinopel hingerichtet.
§ 7. Nach Alboins Tod wählten die Langobarden den Herzog
Kleph (572—573) zum Könige. Als dieser im zweiten Jahre von
einem Sklaven ermordet wurde, blieben sie zehn Jahre ohne König und
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Extrahierte Personennamen: Karl_d Karl Alboins Alboius Alboin Alboins
7 Ss.
Rvmulus
c. 730.
84 Geschichte der alten Welt.
bemächtigten sich die kräftigen, rohen und kriegerischen Bewohner allinählig
der griechischen Küstenstädte, die sich der Weichlichkeit ergeben und der
Waffen entwöhnt hatten. Die Einwohner Apuliens waren ein aus
pclasgischen, hellenischen und barbarischen Bestandtheilen gemischtes Volk
von großer Betriebsamkeit. Zu den bedeutendsten Städten gehörten, das
wollreiche Luceria, die Hafenstadt Siportum, Venusia (Vaterstadt
des Dichters Horaz) Cannä am Fluß Aufidus, durch sein Schlachtfeld
berühmt. Die südöstliche Spitze Italiens führte den Namen Calabrien
mit der Stadt Brundusium, dem gewöhnlichen Ueberfahrtöort itach
Griechenland. (Dyrrhachium.) Die Straße von Messina mit den von den
Schiffern des Alterthums gefürchteten Strudeln Scylla und Charybdis
trennt die große und fruchtbare Insel Sicilien von Italien. Die Be-
wohner des innern Landes, die Siculcr, scheinen von Mittelitalicn aus
in die Insel eingewandert zu sein. Die meisten Städte lagen an der
Küste und waren griech. Ursprungs, (besonders um den Aetna herum),
nur der Westen und Nordwcstcn mit den Städten Lilibäum, Drepa-
num, Segesta und Panormus, (von Phöniziern gegründet) und dem
Berge Eryx, (wo sich ein berühmter Tempel der phönizischen Venus be-
fand), gehorchte den Karthagern, die sich auch Sardiniens und der
kleinen ägadischen Inseln bemächtigt hatten.
I. Rom unter der Herrschaft der Könige und
Patrizier.
1. Die Zeit der Könige. (753—509.)
§. 115. Eine alte Sage berichtet, König Numitor v. Alba-
longa, ein Nachkomme des Trojaners Aeneas (§. 43.) sei von sei-
nem Bruder Am ulius des Throns beraubt und seine Tochter Rhea
Silvia unter die heiligen Jungfrauen der Vesta gewählt worden,
damit sie unvermählt und kinderlos bliebe. Als sie aber dem Kriegs-
gott Mars die Zwillinge Romulus und Remus geboren, habe der
harte Oheim Befehl gegeben, die Kinder am Tiberufer auszusetzen,
wo sie jedoch von Hirten gefunden und erzogen worden. Durch einen
Zufall von ihrer Herkunft und ihres Großvaters Geschick unterrichtet,
hätten sie dem Numitor den Thron v. Albalonga zurückgegeben und
alsdann am linken Tiberufer auf dem Berge Palatinus die Stadt
Rom angelegt, deren neugegründete Mauern aber mit dem Blute des Re-
mus, den sein Bruder Romulus im Streit erschlagen, befleckt worden seien.
§. 116. Als die kleine Stadt gegründet und der Umkreis durch
eine Furche, deren Vertiefung den Graben, deren Erhöhung den Wall
bildete, abgegränzt war, erklärte sie Romulus zu einem Asyl (Schutz-
ort) für Landesflüchtige und lockte dadurch Bewohner an. Da diese
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Extrahierte Personennamen: Rhea
Silvia Romulus
Extrahierte Ortsnamen: Apuliens Cannä Italiens Griechenland Messina Sicilien Italien Rom
Romulus und die Gründung Roms.
55
Sardinien und Korsika spielen in der Geschichte des Altertums eine unbedeutende Rolle. Neben ihnen ist noch das erzreiche Elba an der etruskischen Küste zu erwähnen.
I. T>ie römische Königszeil. 753 — 510.
Romulus und die Gründung Ron,s.
§ 55. Latium und Rom. Latium ist eine Ebene, die sich von Latium,
den Berghöhen des Apennin allmählich bis zum Meere hin abdacht.
Sie wird vom Tiber durchströmt; südlich schließen sich die pomptinischen Sümpfe an sie an, eine ungesunde Fiebergegend, die trotz mehrerer Versuche auch heute nicht entwässert ist. Aus der Ebeue heraus erheben sich die schön geformten Albanerberge, die vulkanischer Natur sind; einer der ausgebrannten Krater wird von dem Albanersee erfüllt. An ihm lag hoch am Berge Alba Longa, einst der Hauptort unter den vielen Gemeinden der Latiner. Allmählich aber wuchs eine andere Gemeinde, Rom, zur Rom.
bedeutendsten Stadt Latiums heran. Es war in einer zur Verteidigung
wie zum Verkehr günstigen Lage am Tiberstrom auf einem nach allen Seiten abfallenden Hügel, dem Palatinus, gegründet, wenige Meilen oberhalb der Mündung, so daß es noch für Seeschiffe erreichbar war. Allmählich wuchs die Stadt, breitete sich über sechs andere, sich rings erhebende Hügel aus und wurde der Mittelpunkt von Latium.
§ 56. Romulus. Die Gründung dieser Stadt, die aus einer kleinen Gemeinde von Bauern und Hirten zur Hauptstadt Latiums, dann zum Mittelpunkt Italiens, endlich zur Beherrscherin eines alle Länder des Mittelmeeres umfassenden Weltreichs wurde, ist von der Sage verherrlicht worden. Trojaner, so erzählt sie, waren unter Führung des Änias, des Sohnes des Anchises und der Aphrodite oder Venus, aus ihrer durch des Aneas. die Griechen zerstörten Stadt geflohen und endlich an der Küste Latiums gelandet, wo Äneas von dem König Latmus freundlich aufgenommen wurde und sich mit seiner Tochter Lavinia vermählte. Sein Sohn Askanius, der auch Julus heißt, erbaute Alba Longa, wo nach ihm eine lange Reihe von Königen regierte. Einer von diesen war Nümitor.
Ihn stieß sein ehrgeiziger Bruder Amülius vom Throne und zwang seine Tochter Rhea Silvia, Vestalin, d. H. Priesterin der Herdgöttin Vesta zu werden; als solche mußte sie unvermählt bleiben. Aber Mars, der Kriegsgott, machte sie zu seiner Gemahlin, und ihm gebar sie
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— 58 -
Im Osten lagen:
a) Umbrien mit den Quellen des Tiber und den Flüsschen Rubicon,
Metaurus und Sena. Hier wohnten die Senonen.
b) Picenum mit Interamna (Tacitus’ Geburtsort) und Ancona.
c) Sabinerland und Samnium. Corfinium (Italica), Sulmo (Ovid’s
Geburtsort), Amiternum (Sallust geb.), Cures, Sidicinum, Casilinum,
Bovianum, Beneventum, Caudium.
Iii. in Unteritalien (Grossgriechenland, griechische Colonien).
Im Aa esten: a) Lucanien mit Heraclea, Thurii, Sybaris.
b) Bruttium mit Consentia (Cosenza), der Scylla, Rhegium, Locri, Croton.
Im Osten: a) Apulien mit Cannä, Luceria, Asculum, Yenusia (Horatius geb.). b) Calabrien mit Brundusium (hier war das Ende der appischen Strasse) und Tarentum.
Inseln.
Sicilien hat die Gestalt eines Dreiecks und wurde daher Trinakria genannt; es war durch die Meerenge von Rhegium (Messana) vom Festland getrennt. Die Charybdis lag gegenüber der Scylla. Wichtig waren: Messana (Zankle), Catana, Syrakus, Gela, Agrigentum, das Flüsschen Halycus, Selinus, Lilybäum (westlich davon die ägatischen Inseln), Segesta, Panormus, Himera, Mylae (nördlich davon die liparischen [äolischen] Inseln).
Sardinien. Corsica.
Roms Gründung und Könige.
(753-509 v. Chr.)
§ 31. Rom wurde 753 durch Romulus und Remus gegründet.
Aeneas aus Troja floh nach Italien, wurde Beherrscher von Latium. Sein Sohn Ascanius erbaute Alba longa1); Numitor wurde von seinem jüngern Bruder Amulius entthront. Orakelspruch: A. werde durch Numitors Kinder umkommen. Amulius liess dessen Sohn Aegestes tödten und die T ochter Rhea Silvia zur Vestalin weihen. Diese gebar aber dem Kriegsgott Mars die Zwillinge Romulus und Remus, welche ausgesetzt, von einer Wölfin und einem Specht ernährt, von Faustulus aufgefunden, von ihm und seiner Frau Acca Laurentia erzogen wurden. Als Hirten des Amulius beleidigten sie die des Numitor; Remus wurde gefangen genommen; Faustulus entdeckte dem Numitor ihre Abstammung. Die Zwillinge tödteten Amulius und setzten Numitor auf den Thron. Dieser erlaubte ihnen eine Stadt zu erbauen an der Stelle ihres Fundortes. Der Streit wegen Benennung der Stadt sollte
f) Name von der langgestreckten Lage auf dem weissen Gebirge.
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Extrahierte Personennamen: Arno Albalonga Cannä_Brundusium Lavinia Albalouga Romulus Amulins_Numitors Nnmitors
— 44 —
die schmale Straße von Messina getrennt; auf der Ostseite erhebt sich als gewaltiger Kegel der feuerspeiende Ätna bis zu 3300 m. Nahe bei Sizilien liegen nördlich die liparischen, westlich die äolischen Inseln und südlich Malta. Sardinien und Corsica, die das tyrrhenische Meer im Westen abschließen, haben trotz ihrer Größe nie eine geschichtliche Bedeutung erlangt.
6. Klima. Italien ist nicht so gebirgig wie Griechenland; deshalb hat es ein noch milderes Klima als jenes. Selbst in Oberitalien gedeiht die Olive, die Feige und die Orange. Der Weinbau erstreckt sich durch die ganze Halbinsel. Wegen seiner Schönheit und Fruchtbarkeit ist Italien von jeher für die Fremden das Land der Sehnsucht gewesen, und nicht mit Unrecht wird es „der Garten Europas" genannt, i
7. Die ältesten Bewohner. Italien weist in der ältesten Zeit ein buntes Gemisch von Volksstämmen auf. Seit etwa 500 v. Chr. saßen in Oberitalien die aus dem heutigen Frankreich eingewanderten Gallier oder Kelten, in Etrurien die Etrusker, südlich und östlich von diesen die eigentlichen Italiker. Unter den letzteren treten am meisten hervor a) die Latiner in Latium, b) die Sabiner in den Abruzzen, c) die Samniter in Samnium. In Unteritalien hatten die zur See eingewanderten Griechen die Küstenlandschaften in Besitz genommen; auch in Sizilien besaßen sie viele blühende Kolonien. Deshalb nannte man Unteritalien und Sizilien auch „Großgriechenland".
§ 21. pie Gründung Woms.
Über den Ursprung der Stadt Rom. welche später den ganzen Erdkreis beherrschte, haben ^wjx^keine zuverlässige Überlieferung. Der Sage zufolge wurde sie i. I. 753 v. Chr. durch Romulus und Remus gegründet.
Nach der Zerstörung Trojas, so erzählt die Sage, landete der trojanische Held Äneas,^ein Sohn der Göttin Benus) nach langen Irrfahrten an der Küste von Latium. Sein Sohn Ascanius^erbaute die Stadt Alba longa am Albaner See. Nachdem seine Nachkommen dort 400 Jahre lang geherrscht hatten, wurde der König Numltor durch seinen jüngeren Bruder A-mu-l-ws entthront. Der letztere machte auch, um seine Herrschaft zu sichern, Numitors einzige Tochter Rhea Silvia zur Vestalin; ihre und des Mars Zwillingssöhne Romulus und Remus liefe, er in dem ausgetretenen Tiber aussetzen^ Aber das Wasser verlief alsbald,/und Mars sandte eine Wölfin, welche die Knaben nährte^ So fand sie der Hirt Faustülus. der sie seiner Frau zur " Erziehung übergab'. ^Nachdem sie als Jünglinge ihre Abkunft erfahren hatten, töteten sie den -Amilsms und gaben ihrem Großvater die Herrschaft in Alba zurück. Mit dessen Erlaubnis erbauten sie am linken Tiberufer auf dem Hüüschejt Hit^tf eine neue Stadt. Die Frage, wer derselben den Namen
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Extrahierte Personennamen: Rhea_Silvia Romulus
Extrahierte Ortsnamen: Messina Sizilien Malta Sardinien Italien Griechenland Oberitalien Italien Italien Oberitalien Frankreich Etrurien Latium Samnium Unteritalien Sizilien Unteritalien Sizilien Rom Trojas Latium
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Vom Ursprung der Götter und aller Dinge.
I. Vor alten Zeiten herrschte in Schweden der König Gylfi. Einst erschien vor ihm eine fahrende Frau, die ihn mit ihren Liedern ergötzte. Zum Lohne für ihren Gesang wollte er ihr ein Stück Pfluglaud schenken, so groß, wie es vier Ochsen in einem Tage umpflügen könnten.
Die Frau war aber von dem Geschlechte der Riesen und ihr Name war Gefion. Als sie das Versprechen des Königs erhalten hatte, ging sie nach Jötnnheim und holte dort vier starke Ochsen, die Riesenkraft besaßen, und diese spannte sie vor den Pflug.
So gewaltig war die Kraft der Ochsen und so tief ging der Pflug, daß das abgepflügte Land sich löste und von den Ochsen bis ins Meer gezogen ward, wo es in einem Sunde stehen blieb.
Da gab Gefion dem Lande den Namen Seeland. Wo aber „ das Land weggenommen war, entstand ein See, und noch heute kann man an der Gestalt des Wenersees in Schweden erkennen, daß die Insel Seeland dort aus dem Lande herausgepflügt ist, denn den Buchten des Sees entsprechen die Vorsprünge der Insel.
Als Gylfi das sah, wunderte er sich sehr und weil er schon oft über die wunderbare Macht der Götter und der Riefen nachgedacht hatte, beschloß er, sich aufzumachen und nach Asgard zu gehen, ob er dort über die Götter, über ihre Entstehung und ihr Wesen und über den Ursprung aller Dinge etwas erkunden könnte.
Damit man ihn in Asgard nicht sogleich erkenne, nahm er die Gestalt eines alten Mannes an. Die Götter aber, die alles wissen und denen auch kein Gedanke der Menschen unbekannt war, beschlossen, seine Augen ebenfalls mit einem Blendwerk zu täuschen, auf seine Fragen aber ihm wahrhaften Bescheid zu geben.
Als er nach Asgard kam, sah er eine Halle, die war so hoch, daß er kaum darüber hinwegsehen konnte, und das Dach derselben war mit lauter goldenen Schilden gedeckt.
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284
Ferdinand Gregorovius.
und vor die Fernrohre, und so geht es vom Morgen bis zum Abend
fort. Sein Hund aber sitzt vor der Thüre aufrecht und sieht ohne
Ferngläser auch in das Meer. Dies verhält sich nun so. Oben über
Ana-Capri sitzt der Telegraph auf dem Gipfel Solaro in seinem Hause
und späht in das Meer von Sizilien, ob und welche „segelbeschwingte"
Schiffe einlaufen. Sieht er nun etwas Merkwürdiges, so sendet er
dem Telegraphen auf dem Berg Tuoro eine Botschaft; der schickt sie
flugs weiter über die Meerenge von Capri zu dem Telegraphen von
Massa, der über dem Vorgebirge der Minerva sitzt, ein Meereswächter
schlummerlos; der wirft die luftige Kunde flügelschnell weiter nach
Castellamare zum zeichenkundigen, luftpostdeutenden Späher; der aber
schleudert die Botschaft machtvoll weiter nach dem Castell Sant Elmo
oberhalb Neapel; der Späher nun von Sant Elmo befördert die Kunde
in das königliche Schloß zu Neapolis. Und so fängt der auf dem
Solaro an und ist der eigentliche Urheber von all dieser luftdurch-
wandernden Botenjagd. Als mir dies der Telegraph sehr deutlich aus-
einandergesetzt hatte, siel mir sofort der Anfang des „Agamemnon" von
Aeschylus ein, wo der Wächter auf dem Atreusschloß nach dem Feuer-
telegraphen späht, welcher die Einnahme Jliums melden soll:
®£oi g fihv ahw zmvs uncdlceyrjv nóvcov
(Die Götter fleh' ich an ums Ende meiner Müh'n) —
und ferner die Verse der Klytämnestra, welche in einer staunenswürdigen
Malerei die wandernde Flammenpost beschreiben. Sie steigt auf vom
Berge Ida, dann eilt sie zum hermischen Lemnosfelsen, der schickt die
Flammenbotschaft auf das Athosgebirge des Zeus, das sendet den goldig-
hellen Freudenstrahl wie eine Sonne auf die Warte von Makistos, und
so weiter eilt der Feuerstrahl über die Wogen des Euripos, erweckt die
Wächter von Mesapios, fliegt vorwärts über die Flur Asopos, füllt
wie der Mondenstrahl ans den Felsen von Kithüron, sendet den Schein
über den Gorgopissee, gelangt zum Gipfel Aigiplanktos, bis er dann
über das Saronische Meer zum Felsen Arachnaios und endlich in die
Burg der Atriden kommt.
Die nahe Ostküste der Insel steigt zur Höhe von 970 Fuß auf
und stürzt senkrecht ins Meer, sodaß auf dem höchsten Uferrand die
Villa des Zeus liegt. Hier ist das ganze Ufer von furchterregender
Wildheit. Geht man vom Tuoro grande zuerst durch das kleine Thal
Matromania nach der südöstlichen Seite, so gelangt man an eine Stelle,
wo sich die Küste in einen Winkel von den steilsten Linien zusammen-
zieht. Da blickt man in einen phantastischen Wald von Felszinken, die
das Ufer in gräulicher Verwirrung umstarren. Mitten dazwischen
öffnet sich ein Fels zu dem prachtvollsten Bogen, dem sogenannten
Areo naturale. Nächst der blauen Grotte ist er die überraschendste
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand_Gregorovius Ferdinand Mesapios
Die Römer. Gründung Roms.
55
schwefliger Dünste und an den feuerspeienden Bergen Vesuv und Atna. Der größte Fluß Italiens ist der Po (Padus) der die äußerst fruchtbare lombardische Tiefebene durchfließt. Heben Ackerbau und Obstzucht triebeu die Römer Bergbau und Viehzucht. Die Lage am Meere machte die
Bewohner frühzeitig mit der Schiffahrt bekannt. ^,
Man teilt Italien gewöhnlich em m 1. O b er-, ..uttet,
3. Unteritalien. . r, 0
1. Oberitalien, vom Po geteilt, rechnete man m ältester Zeit
311 Gallien. Städte: Veröua, Mäntna, Mediolauum (Mailand), Genua,
^ ^ 2^ m\ ttelitalieii war durchschnitten von den Flüssen Rubikon und Tiber. Städte: Rom, Albalonga, Pompeji, Herkullnum. Neapel,
Beueveutum. - . a r
3. Unteritalien wurde wegen seiner vielen griechischen Kolonien Großgriechenland geheißen. Städte: Heraklsa. Cofeutia, Cannä, Tarent. Die Insel Sieilien, vom Festlande durch die Meer-
enqe von Messina getrennt (Scilla und Charybdis), war sehr fruchtbar, daher uauute mau sie Roms Kornkammer. Städte: Messäna und
Syraküs. _
b) Das Römervolk. Die Ureinwohner Italiens, (die Kelten?), vermischten sich mit den eingewanderten Volksstämmen der Etrusker, Latiner und Sabiner, die beiden letzten Völkerschaften gehörten zu dem Hauptstamme der Italiker, nach welchem dav ganze Land bezeichnet wurde.
Die alten Römer Waren den Griechen stammverwandt^ und ihre Götterlehre hatte viel Ähnlichkeit mit der griechischen. (Die Hauptgötter der Römer sind auf S. 43 in Klammern angegeben.) Orakel gab es nicht. An deren Stelle standen die Wahrsagerinnen, Sibyllen. Diese weissagten die Zukunft. Ihre Aussprüche wurden in den sibyllinischen Bücherii ausgezeichnet. Die Priesterinnen, Vestalinnen geuannt (nach der Göttin Vesta), waren Jungfrauen, die uuvermählt bleiben mußten.
17. Gründung Roms (753 v. Ch.)
a) Die Gründer. Die Sage erzählt: Der König Nümitor in Albalonga wurde durch seiueu Bruder A m ü l i u s verdrängt. Numitors Tochter Rhea Silvia ließ der Thronräuber zur Vestalin weihen. Dieser schenkte der Kriegsgott zwei Söhne. Wütend darüber befahl Amulius, die Mutter lebendig zu begraben und die beiden Knaben am Tiberstrome auszusetzen. Ein Hirt fand die armen Kleinen, die von einer Wölfin gesäugt wurden. Mitleidig brachte er die Kinder in sein Haus und gab ihnen die Namen R ö m ul u s und R e m u s. Unter der Pflege der guten Hirteneltern wuchsen die Brnder zu kräftigen Jünglingen heran.
In einem Streite mit deu Hirten Numitors wurde Remus gefangen zu Numitor gebracht, dem die Ähnlichkeit des Jünglings mit
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125 —
tertf in das obere, mittlere und untere Italien
eingetheilt. Das erste, der nördlich liegende Landstrich,
wurde in den ältesten Zeiten zu Gallien gerechnet; das
zweite war das eigentliche Italien, das dritte, von
griechischen Völkerschaften bewohnt, hieß auch Groß-
Griechenland. Unter den Inseln Italiens stnd Si-
cilien, Sardinien und Corstca die wichtigsten. In den
ältesten Zeiten war Italien von vielen unverbundenen
kleinen Völkern bewohnt. Die ersten Bewohner stamm-
ten wahrscheinlich aus den Ländern dieffeit und jenseit
der Pyrenäen, oder dem jetzigen Frankreich und Spa-
nien, wozu später (ungefähr 1400 Jahre vor.christus)
'andere Stämme aus Griechenland und Klein-Asten
kamen. Unter den älter« Völkern waren die Tusker,
oder Etrusker, die wichtigsten, welche von den Al-
pen bis an die Tiber wohnten, ein seefahrendes, in den
Künsten deö Krieges und Friedens geübtes Volk, das
den ersten Grund zur Bildung von Italien legte und
die schöne Kunst aus Griechenland dahin verpflanzte.
Südlich vom Tiberstrom, wohnten die Latiner (La-
teiner), zu welchen (ti8ojahre vor Christus) Aeneas
mit Flüchtlingen aus Troja kam, der die Tochter des
Königs der Latiner heirathete, eine neue Stadt, Lavini-
um gründete, und nach seines Schwiegervaters Tode,
König wurde. Askanius, des Aeneas Sohn, baute
die Stadt Alba longa *), von welcher das Volk nun
den Namen Albaner erhielt. Dieses Reich hatte bereits
über Z8oiahre gedauert, als der König Numitor von
seinem Bruder Amulius vom Throne gestürzt wurde.
Der Thronräu.ber ermordete den Sohn seines Bruders,
und als Numitor's Tochter Rhea Sylvia, 2zwil-
linge , R 0 m u l u s und R e m u 6, geboren hatte, wollte
der grausame Amulius auch diese, durch Aussetzung in
die Tiber, tödten lassen, aber die Fluten trugen die bei-
) Aus der Stelle des jetzigen Alban0.
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